
26. Februar 2015 (geändert am 16. März 2015) – Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie verleiht den Robert Wartenberg-Preis an Priv.-Doz. Dr. med. Frederick Palm aus Ludwigshafen: Er hat die Schlaganfallhäufigkeit in Ludwigshafen analysiert und unter anderem entdeckt, dass Schlaganfälle dort gehäuft auftreten, insbesondere während der Wintermonate.
Das Risiko für einen erstmaligen Schlaganfall ist nicht in allen Regionen Europas gleich hoch. Die Analyse des Ludwigshafener Schlaganfallregisters ergab für die dort lebenden Menschen ein höheres Risiko als in anderen Registern aus Mittel-, Süd- und Westeuropa – auch schon in mittleren Lebensjahren. So lautet das Ergebnis der mehrjährigen Forschungsarbeiten von Privatdozent Dr. med. Frederick Palm, Oberarzt an der Neurologischen Klinik des Städtischen Klinikums Ludwigshafen. Der Schlaganfall sei angesichts der immer älter werdenden Bevölkerung ein zunehmendes menschliches, medizinisches und gesellschaftliches Problem, so der Neurologe. Ursache für einen durch Gefäßverschluss bedingten Schlaganfall war in Ludwigshafen sehr häufig das Vorhofflimmern. Hier könne die Schlaganfallprävention durch eine medikamentöse Therapie mit Blutgerinnungshemmern ansetzen, denn: „Unsere Ergebnisse sind vermutlich auch auf andere Regionen in Deutschland übertragbar.“ Für seine Forschungsarbeit wird er morgen mit dem Robert Wartenberg-Preis 2015 der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) ausgezeichnet.
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Der Robert Wartenberg-Preis ist mit 5000 Euro dotiert und wird am 27. Februar 2015 von der Kommission Leitende Krankenhausärzte der DGN in Kassel verliehen. Die neurologischen Chefärzte in Deutschland finanzieren diesen Preis für junge Neurologen, die an nichtuniversitären Krankenhäusern klinisch relevante Forschung betreiben. „Dies trifft in idealer Weise auf Privatdozent Dr. Palm zu, der seine Forschung über Jahre bis zur Habilitation an der Neurologischen Klinik des Städtischen Klinikums Ludwigshafen durchgeführt hat“, so Prof. Dr. Peter Berlit, Sprecher der Kommission.
Häufige Schlaganfälle durch Gefäßverschluss bei Jüngeren
In der Ludwigshafener Schlaganfallstudie – einem von Dr. Palm aufgebauten, bevölkerungsbasierten Schlaganfallregister – sammelte der Neurologe die Daten von Schlaganfallpatienten, die in der rund 167.000 Einwohner zählenden Stadt am Rhein lebten. Seit 2006 wurden durch Kooperation mit allen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten jährlich alle Patienten mit Schlaganfällen und transitorisch ischämischen Attacken (TIA) – das sind vorübergehende Durchblutungsstörungen des Gehirns – erfasst. „Wir haben alle Schlaganfallfälle in der Region dokumentiert – ein solches bevölkerungsbasiertes Schlaganfallregister gibt es in ganz Deutschland nur noch in Erlangen“, erklärt Preisträger Palm. „Schlaganfallregister eignen sich gut, um Versorgungslücken in Deutschland zu identifizieren.“
Umgerechnet auf die europäische Normalbevölkerung erlitten 125 von 100.000 Einwohnern in Ludwigshafen einen erstmaligen ischämischen Schlaganfall. Zum Vergleich: Erlangen kommt auf 106, London auf 86 und Dijon auf 87 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner. Im internationalen Vergleich traten vor allem bei den Jüngeren zwischen 45 und 64 Jahren mehr ischämische Schlaganfälle auf. Bei einem ischämischen Schlaganfall verstopft ein Blutgerinnsel eine Hirnarterie, da es, zum Beispiel ausgelöst durch Vorhofflimmern (VHF), vom Herzen aus in Richtung Gehirn wandert.
Die Analyse zeigte, dass in Ludwigshafen Optimierungsbedarf bei der vorbeugenden medikamentösen Therapie mit Blutgerinnungshemmern bei VHF-Patienten besteht.
Entzündungen, Infektionen und die Jahreszeit mit Einfluss?
Interessant war auch, dass es im Winter und Frühjahr mehr Schlaganfälle gab, sowohl durch Gehirnblutungen als auch durch den Verschluss von Blutgefäßen. Eine mögliche Erklärung ist, dass der Blutdruck saisonal schwankt und in den Wintermonaten deutlich höher ist. Ein Bluthochdruck ist eine häufige Ursache für den Schlaganfall durch Hirnblutung. Bei den Patienten mit ischämischen Schlaganfällen fand Palm erhöhte Leukozytenzahlen in den Wintermonaten. Dies deutet darauf hin, dass auch entzündliche Prozesse und akute Infektionen eine Rolle spielen. „Auch bei einer Grippewelle steigt die Schlaganfallhäufigkeit“, weiß Palm. Daran sowie an genetischen und sozioökonomischen Faktoren forscht der Oberarzt jetzt weiter. Sein Wunsch für die Zukunft: Die Versorgungssituation von Schlaganfallpatienten hinsichtlich der Vorbeugung und Therapie zumindest auf lokaler Ebene zu verbessern. Und: Das Schlaganfallregister nochmals aufleben zu lassen, um die möglichen Auswirkungen einer verbesserten Versorgung messen zu können.
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Priv.-Doz. Dr. med. Frederick Palm
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