Stand: 31. Dezember 2021
Entwicklungsstufe: S1
Online seit: 05. April 2022
Gültig bis: 01. Dezember 2025
Zuletzt bearbeitet am: 05. April 2022
AWMF-Registernummer: 030/131
Federführend:
Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen
hans.diener@uk-essen.de
Prof. Dr. Peter Kropp, Rostock
Zitierhinweis
Diener H.-C., Kropp P. et al., Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln (Medication Overuse Headache = MOH), S1-Leitlinie, 2022; in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien (abgerufen am TT.MM.JJJJ)Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG)
Bitte beachten Sie: Die Langversion der Leitlinie finden Sie als PDF zum Download oben.
Was gibt es Neues?
- Die Klassifikation der Kopfschmerzen durch die International Headache Society (IHS) spezifiziert die Medikamente, die einen Kopfschmerz durch Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln (Medication Overuse Headache, MOH) hervorrufen können.
- Die weltweite Prävalenz des MOH liegt zwischen 0,7 % und 1 %. Die gesellschaftlichen Kosten bei der Behandlung des MOH liegen dreimal höher als die bei der Behandlung der episodischen Migräne.
- Die wichtigsten Risikofaktoren für einen MOH sind: vorbestehende primäre Kopfschmerzen, z. B. Migräne oder Kopfschmerz vom Spannungstyp, weibliches Geschlecht, > 10 Kopfschmerztage pro Monat, niedriger sozialer Status, andere chronische Schmerzerkrankungen, Stress, körperliche Inaktivität, Übergewicht, Rauchen, abhängiges Verhalten und andere psychiatrische Erkrankungen wie Depression oder Angsterkrankung.
- Die monoklonalen Antikörper gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor sind wie Topiramat und OnabotulinumtoxinA in der Prophylaxe der chronischen Migräne wirksam. Dies gilt auch für Patienten mit Kopfschmerzen durch Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln.
- Nicht medikamentöse Maßnahmen ergänzen die medikamentöse Prophylaxe bei MOH.
- Die größte Gefahr eines Rückfalls besteht im ersten Jahr nach einer Medikamentenpause oder einem Medikamentenentzug.
Die wichtigsten Empfehlungen auf einen Blick
Die Behandlung des Kopfschmerzes durch Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln erfolgt in mehreren Stufen (siehe Flussdiagramm unten):
- Patienten mit Übergebrauch von Medikamenten (Medication Overuse = MO) oder mit Kopfschmerzen durch Übergebrauch von Medikamenten (Medication Overuse Headache = MOH) sollten über die Beziehung zwischen häufiger Einnahme von symptomatischer Kopfschmerzmedikation und Chronifizierung der Kopfschmerzen aufgeklärt werden, mit dem Ziel, die Einnahme von Akutmedikation zu reduzieren und zu limitieren.
- In einem zweiten Schritt sollte bei Patienten mit Migräne und Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln (MOH) eine Prophylaxe initiiert werden. Topiramat, OnabotulinumtoxinA und die monoklonalen Antikörper gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor können auch während eines bestehenden Medikamentenübergebrauchs wirksam sein. Bei Patienten mit Kopfschmerz vom Spannungstyp erfolgt die medikamentöse Prophylaxe mit Amitriptylin. Die medikamentöse Prophylaxe soll durch nicht medikamentöse Maßnahmen ergänzt werden.
- Bei Patienten, bei denen Edukation und medikamentöse Prophylaxe nicht ausreichend sind, erfolgt alternativ eine Medikamentenpause, wobei diese je nach Konstellation ambulant, tagesklinisch oder stationär durchgeführt werden sollte.
- Bei Patienten mit Kopfschmerz durch Übergebrauch von Opioiden sollte eine stationäre Entzugsbehandlung durchgeführt werden.
- Die Erfolgsrate der gestuften Therapie beträgt etwa 50–70 % nach 6 bis 12 Monaten. Vor allem bei Patienten mit Opioid-Übergebrauch besteht eine hohe Rückfallrate.
- Zur Behandlung von Entzugssymptomen oder Kopfschmerzen während der Medikamentenpause werden trizyklische Antidepressiva, Neuroleptika (Antiemetika) und die Gabe von Steroiden empfohlen.
- Konsequente Patientenedukation und weitere engmaschige Betreuung reduzieren das Risiko eines Rückfalls.
Flussdiagramm zum Management des MOH
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Bitte beachten Sie: Die Langversion der Leitlinie finden Sie als PDF zum Download oben.